
Meine Kundin stand in ihrer Küche und zog etwas verschämt ihre “Plastiklade” auf. Sie wollte heute mir mir ihre komplette Küche organisieren und wir hatten schon besprochen, wie wir vorgehen würden: sichten, reduzieren und strukturieren.
Wir alle haben so eine Plastiklade. Dort sammeln wir unsere Behälter zum Aufbewahren. Meist nennen wir sie die Plastiklade, auch wenn wir dort inzwischen nur Glasbehälter stapeln. “Schau mal – ich glaub ich hab wirklich zuviel davon. Bei vielen fehlen schon die Deckel und manche gehören gar nicht mir.” Die Plastiklade war der Abschluss der Küchenrundschau. Ich hatte schon einen Blick in die Topflade, die Gewürzlade, die Teelade, den Vorratsschrank, das Geschirr und die Gläser werfen dürfen. Natürlich waren mir auch schon die vielen Helferleins aufgefallen: die großen, wie den Smoothiemaker und den Sandwichgrill; die kleinen wie Eierschneider und Siebe in verschiedensten Größen. Die Arbeitsplatte war vollgestellt mit einer Mischung aus allem: Lebensmittel, Geschirr und Küchengeräte.
Küche organisieren – ganz intuitiv
Meine Kundin, ich nenne sie mal Karin, hatte in der Vorbereitung sehr gründlich an ihrem Leuchtturm gearbeitet. Sie war immer gerne am Herd gestanden. Sie konnte dabei ihre kreative Ader ausleben und ihre Gedanken ordnen. Außerdem liebte sie es, Gäste zu bewirten. Seit einigen Jahren war ihr aber die Lust abhanden gekommen. Die Küche war zu chaotisch, alles war zuviel und so blieb kein Raum mehr für Kreativität. Weder in der Küche, noch in ihrem Kopf. Sie wollte ihre Kochleidenschaft wieder aufleben lassen und der Gastgeberin in ihr Platz geben.
Wo anfangen beim Küche organisieren?
Wenn ich mit meinen Kund*innen ihre Küche organisieren, dann fangen wir meist beim Alltagsgeschirr an. Denn dort kann ich meine Kund*innen am Besten zeigen, wie sie intuitive Entscheidungen treffen können. Beim Alltagsgeschirr – und ganz besonders bei den Kaffeehäferln (oder Kaffeebecher) – haben wir ganz unausgesprochene Lieblinge. Becher, die wir immer wieder zur Hand nehmen. Trotzdem finden sich in jedem Geschirrschrank auch Becher, die wir gar nicht mögen: weil der Griff nicht gut in der Hand liegt; der Becher zu groß oder zu klein ist; uns der Aufdruck nicht gefällt; der Rand zu dick oder zu dünn ist.… Auch mit Karin fing ich also bei den Bechern an. Als sie ihre Liebelingshäferl neben den anderen stehen sah, konnte sie sofort entscheiden: das bleibt – das darf gehen.
Küche organisieren und Platz schaffen
Wie überall bei der Bestandsaufnahme des Besitzes, geht es um ein Ziel: zu erkennen, was wir gerne verwenden. Alles andere ist Ballast. Steht uns im Weg, raubt uns Platz, Energie und Zeit. Um das gut und sicher entscheiden zu können, kommen meine Kund*innen um eines nicht herum: alles wird aus Kästen und Schubladen geholt, auf den Tisch oder Boden verteilt und mit Bedacht gesichtet. In der Vorbereitung machen wir uns Gedanken, wo die aussortieren Gegenstände noch ein gutes 2. Leben haben werden: Spendenstellen, Flüchtlingshäuser, Mutter-Kind-Häuser, Pfarrflohmärkte.
1. Geschirr
Sind die Kaffeebecher mal reduziert, ist der Weg für den Rest des Geschirrs schon gut vorbereitet. Das Entscheidungskriterium ist klar und intuitiv verankert: Gläser, Teller (groß und klein), Suppenschalen – wir haben unsere Lieblinge. Ich besprach vorher noch mit Karin, wieviel sie von allem maximal gleichzeitig benötigt. Und zwar in ihrem normalen Alltag. Nicht in der Sondersituation “Dinner für 12”. Ich ermutigte sie, ihren Besitz an ihren Alltag anzupassen.
Goldene Regel Nr. 1: 90% unsere Besitzes sollte 90% unseres Alltag wiederspiegeln.
Für die restlichen Sondersituationen würden wir uns Lösungen überlegen. Schließlich – und diese Eigenschaft wollte sie ja auch wieder mehr aufleben lassen – war sie ja kreativ! Karin überlegte und entschied: “Ich brauche maximal Geschirr für 4 Personen im Alltag. Wenn ich Gäste habe, dann nicht mehr als 6. Also reicht mir ein Geschirr für 10 Personen.”
Unser Alltag als Richtschnur wenn wir die Küche organisieren
Als erstes nahm sie das “gute” Geschirr unter die Lupe. Für 12 Personen. Ungern verwendet, weil es empfindlich ist und daher nicht in den Geschirrspüler darf. Könnte sie sich vorstellen, dass ihre Gäste ihr wundervolles Essen auch auf dem normalen Geschirr schätzen würden? Ja!
Karin entschied sich, das “gute” Geschirr jemand anderem zu überlassen. Leicht fiel es ihr nicht. Es war ja teuer gewesen und sie hatte es sich doch so schön und festlich vorgestellt. Ich versicherte ihr, dass der Abschiedsschmerz (vom Geschirr und von der Vorstellung) verblassen, die Freude über eine luftigere Küche aber bleiben würde. Und was, wenn sie doch mal eine elegante Dinnerparty geben wollte? Dieses Szenario gehört zu den 10% der Sondersituationen in ihrem Leben. Wir überlegten also, welche Möglichkeiten sie hätte. Sie könnte
- sich ein super- elegantes Geschirr bei einem Cateringunternehmen ausborgen
- das Alltagsgeschirr mit dem entsprechenden Drumherum aufpeppen (sie war ja kreativ)
Genauso gingen wir die Gläser durch. Ebenso das Geschirrzubehör, wie Schüsseln und Servierplatten. Wir wischten die Schränke gründlich aus und räumten alles wieder ein. Von jetzt an würden Karin und ihre Familie alles problemlos und ohne umständliches Herumgeschiebe verwenden können. Und vor allem: wieder wegräumen können.
2. Besteck, Messer und Co
Als Nächstes war die Besteckschublade an der Reihe. Auch beim Besteck gab es zwei komplette Ausstattungen: das Besteck, das Karin in den gemeinsamen Haushalt gebracht hatte und das, das sie mit ihrem Mann gemeinsam angeschafft hatte. Ihr altes Besteck war selten in Gebrauch. Manche Messergriffe waren locker und auch sonst: irgendwie griff niemand aus der Familie danach. Für Karin hatte es vor allem einen sentimentalen Wert. Es war das Besteck, mit dem sie in ihre erste eigene Wohnung gezogen war.
Als Besteck hatte es also eigentlich keinen Nutzen mehr. Sehr wohl aber als Erinnerung. Ich machte Karin einen Vorschlag: würde es vielleicht ausreichen ein Set aufzuheben? Und das vielleicht hin und wieder wirklich zu verwenden, wen sie z.B. alleine aß? Karin überlegte. “Ja – das fühlt sich gut an. Das mache ich.”

Ordnung halten ganz nebenbei?
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Jetzt waren die Messer an der Reihe. Karin war pragmatisch: schlechte Messer raus. Doppelte Messer raus. Sie war in Fahrt: Servierlöffel, Korkenzieher, Flaschenöffner, Fleischgabeln, Kochlöffel, Pfannenwender, Rührbesen, Gemüseschäler, Pinsel, Stäbchen – sie behielt nur, was sie gerne verwendete und überlegte immer “wie viel davon brauche ich gleichzeitig?”
Goldene Regel Nr. 2: Wieviel wovon brauchen Sie gleichzeitig?
3. Aufbewahrungsbehälter
Kommen wir also zum Beginn zurück – zu den Aufbewahrungsbehältern. Karin war inzwischen geübt. Alles, was keinen Deckel hatte, sortierte sie aus. Dann fragte sie sich, wieviel Behälter von jeder Größe sie und ihre Familie gleichzeitig brauchen würden, um im Alltag gut ausgerüstet zu sein. Die Spendenkiste füllte sich – die “Plastiklade” war übersichtlich und nur noch halb so voll. Das Aufbewahrungsgeschirr zog zu den Wasserflaschen und Thermoskannen. Eine ganze Lade war frei geworden!
4. Töpfe und Pfannen
Wir waren bei den Kochgeschirr angekommen. Da fanden sich – neben Töpfen und Pfannen, die man einfach für alles verwenden kann – auch Sonderspezialextraexemplare: die Crepe-Pfanne, die Grill-Pfanne, die Steak-Pfanne, die Fisch- Pfanne. Der Spaghetti-Topf, der Milch-Topf, der Saucen-Topf, der riesengroße Suppentopf. Ich stellte zu jedem zwei Fragen:
- “Wie oft kochst Du xy?”
War die Antwort “1–2 im Monat oder seltener” fragte ich: - “Kannst Du stattdessen auch eine andere Pfanne/Topf nehmen.” Also: geht der Fisch auch in der “normalen” Pfanne?
Für alles, was wir in der Küche seltener als 2mal im Monat verwenden, ist es ratsam sich zu fragen, ob man nicht auch eine Alternative zur Hand hat, die gut genug ist. Gut genug ist überhaupt eine Eigentschaft, die man beim Besitz nicht hoch genug schätzen kann. Mit “gut genug” kommen wir meist hervorrgand durch unseren Alltag. Alles darüber ist meist Ballast, kostet Platz und Nerven.
Goldene Regel Nr. 3: Gut genug ist gut genug.
Karin verabschiedete die Steak-Pfanne und die Grill-Pfanne. Sie selbst hätte auch die Crepe-Pfanne nicht gebraucht, aber ihre Kinder verwendeten sie oft. Die Fischpfanne hatte sie noch nie ausprobiert. Sie war ein Geschenk gewesen, von jemanden der meinte, die Familie solle mal mehr Fisch essen. Ich empfahl ihr, dass sie und ihr Mann die Fischpfanne im nächsten Monat auf die Probe stellen sollten. Danach würden sie sehen, ob der Vorteil den benötigten Platz rechtfertigte.
Es wanderten außerdem in die Spendenkiste: der Spaghetti-Topf, der Milchtopf. Von allen Topfgrößen, die doppelt vorhanden waren, blieb nur ein Exemplar. In der Lade herrschte nun Übersicht und man konnte alles mit einem Griff herausnehmen. Außerdem war jetzt Platz für zwei Auflaufformen und die Siebe.
5. Backen
Die Backformen waren – wie bei vielen Kund*innen – an einem schwer zugänglichen Ort. Das ist entweder im obersten Regal ganz hinten, oder im Eckschrank ganz hinten. Das ist grundsätzlich auch ok. Schließlich backen die wenigsten täglich.
Goldene Regel Nr. 4: Was Sie täglich verwenden, soll mit einem Griff zur Hand sein.
Diese Regel erleichtert eine Sache enorm, die gerne mal vernachlässigt wird: das Wegräumen.
Die Backutensilien dürfen also ruhig etwas umständlicher verstaut werden. Trotzdem ist auch hier die Menge entscheidend. Wer wenig backt braucht vor allem die Standards: also Gugelhupf, Springform und Kastenform. Sie erinnern sich: 90% des (Back)Alltags. Der Rest ist gründlich unter die Lupe zu nehmen. Mein Rat an Karin war: “Such Dir noch zwei Sonderformen aus. Damit bist Du für Deine Backvorhaben gut genug ausgestattet.”
Ich schlug ihr außerdem vor, alles im Backofen zu verstauen. Der Backofen bietet viel Stauraum, der meist ungenutzt ist. Klar – wenn man den Ofen braucht, muss man alles erstmal rausnehmen. Das ist aber mit einem Griff passiert. Also eigentlich überhaupt kein Aufwand.
6. Küchengeräte
Küchengeräte sind wahre Platzhirsche. Thermomix, KitchenAid, Brotbackmaschine, Reiskocher, Dörrautomat, Hochleistungsmixer, Sandwichmaker, Tischgrill, Toaster, Kaffeevollautomat, Waffeleisen, Popcornmaschine, Pflanzenmilch-Macher, Raclette, Fondue – ich bin nicht selten in Haushalten, wo alle diese Geräte vorhanden sind. Gleichzeitig aber der Platz dafür fehlt. Also sind diese Geräte entweder völlig unzugänglich verstaut (manchmal sogar in der Schachtel). Wenn uns Küchengeräte wirklich Arbeit abnehmen, die wir im Alltag zumeist haben – dann leisten sie gute Dienste. Wenn sie uns allerdings Arbeit abnehmen, die wir gar nicht – oder sehr, sehr selten – haben, sind die Platzräuber.
Goldene Regel Nr. 5: Nur Arbeit, die wir wirklich haben, kann uns ein Gerät auch abnehmen.
Ein Beispiel: Für Karin und ihren Mann ist es kein Aufwand, Reis zu kochen. Sie machen das nebenher, während sie das Essen zubereiten. Ein Reikocher würde ihnen also keine Arbeit abnehmen. Dafür aber wertvollen Platz verschwenden. Karins Familie hatte deshalb auch keinen Reiskocher. Aber eine schicke, voluminöse Popcornmaschine. Die Arbeitserleichterung im Vergleich zur Pfanne war nicht der Rede wert. Also ging die Popcornmaschine den Weg allen Ballastes: rein in die Spendenkiste.
Raclette und Fondue? Karin dachte nach und kam drauf, dass ihre Familie immer lieber um das Raclette sitzt. Also sortierte sie das Fondue aus.
Dörrautomat? Nie verwendet. Geht.
Waffeleisen? Jedes Wochenende in Gebrauch. Bleibt.
Beim Hochleistungsmixer konnte sie noch keine Entscheidung treffen. Es war eine echte Investition gewesen. Aber die Vorstellung von der Smoothie-Trinkenden Familie hatte sich nicht verwirklicht. Ich empfahl Karin, im nächsten Monat das Gerät konsequent mehrmals die Woche zu verwenden. Entweder würden sie alle doch ihre Liebe zu Smoothies entdecken, oder wirklich verstehen, dass er für sie nutzlos ist. Damit würde der Abschied leichter fallen. Den Smoothie-Maker würde sie auch locker verkaufen können.
7. Lebensmittel
Zum Thema Lebensmittel darf ich Sie auf einen eigenen Blogartikel verweisen – sonst ufert das hier aus. Nur zu beschrifteten Lebensmittelbehältern möchte ein paar Anmerkungen loswerden: Ja, sie können beim Überblick helfen. Ja, sie sehen wirklich ansehnlich aus. Ja, man bekommt mehr im Schrank unter – z.B. in der 2. Reihe. Für mich steht aber zu Beginn immer die Frage: wieviel wovon brauche ich gleichzeitig?
Brauchen Sie wirklich 4 verschiedene Reissorten? Oder wäre es auch eine Alternative, immer zwei Reissorten zu haben und die zu variieren? Was würde Ihnen mehr Überblick verschaffen? Was würde Ihnen wirklich den Kochalltag erleichtern? Es hilft ja wenig, wenn ich Ihnen dabei helfe, jeden Zentimeter Stauraum auszunützen und mithilfe von Etiketten und Dosen einen einheitlichen Look hinbekomme. Aber: wenn ich dann gehe, sollen Sie ja alles praktisch und schnell zu Hand haben. Es ist meine Überzeugung, dass Etiketten und Aufbewahrungen nicht die Lösung, sondern maximal der zweite Schritt zur Lösung sind.
Gewürze und Tees
Ach ja – und da fällt mir doch noch was ein: “Gewürze” und “Tees” verdienen auch noch ein paar extra Worte. Tees und Gewürze befeuern unsere Vorstellungen. Wir sind entspannt, wenn wir den “Entspann Dich”-Tee trinken, exotisch und experimentierfreudig, wenn wir 10 Pfeffersorten, 8 Salzsorten und 9 außergewöhnliche Gewürzmischungen zu Hause haben. In unseren 90% Alltag verwenden wir aber ganz andere Gewürze. Mein Tipp: stellen Sie ihren exotischen Gewürzen maximal 20% des Platzes zur Verfügung. Und – hier die goldene Regel – halten Sie sich an die Grenzen ihres Gewürzregals (oder Schublade). Ist der Platz voll, eröffnen Sie nicht noch einen zweiten Gewürzschauplatz. Verwenden Sie Ihre exotischen Gewürze kreativ. Sehen Sie Rezepte als Anregungen, nicht als Gesetz, dessen Missachtung geahndet wird.
Und denken Sie an die armen Gewürze, die nie verwendet werden. Der schottische Comedian Michael McIntyre hat sich dazu ein paar saukomische Gedanken gemacht: “My name is Five Spice”
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Und übrigens: wir misten nicht aus. Wir machen eine Bestandsaufnahme: des Lebens, der Wünsche und der Bedürfnisse.
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