
“Ich räume ständig auf, aber es ist nie ordentlich” – den Seufzer stoßen viele meiner Kund*innen aus. So auch Stefan. Schon am Telefon fragt er mich genervt, warum er es nicht hinbekomme. “Die Ordnung bleibt nicht. Obwohl ich permanent am Räumen bin”. Auch Marion schimpft mit einer Mischung aus Ärger und Verzweiflung. “Ich räume immer mal wieder ein ganzes Wochenende auf. Aber nach ein paar Tagen sieht es genauso aus wie vorher. Die Ordnung bleibt einfach nicht.” Man sieht an den beiden eine Sache sehr gut: es liegt nicht an der Faulheit.
Unordung hat nichts mit Faulheit zu tun
Ich breche hier jetzt mal ganz deutlich eine Lanze: Menschen, die mit der Unordnung kämpfen, sind nicht faul. Das Gegenteil ist oft der Fall. Sie räumen ständig rum, sie sind auch in Gedanken permanent mit der Lösung des Problems beschäftigt (ein Umstand der wahnsinnig kräfteraubend ist), sie wälzen Ratgeber, sie suchen Rat bei Freund*innen – sie sind fleißig. Nur leider: der Fleiß zeigt keine Wirkung. Das frustriert. Demotiviert. Macht manchmal sogar wütend. Und natürlich ratlos. Marion meint, die Ordnung bleibt nicht, weil sie unfähig ist. Stefan denkt schon ans Aufgeben. Weil aber beide doch an ihrem Wunsch festhalten, haben sie sich – quasi als letzte Chance – meine Unterstützung geholt.
Marion – die Perfektionistin
Marion ist Mitte 30, hat gerade einen neuen Job angefangen. Schon viele Jahre ist sie unglücklich mit ihrem Zuhause. Alles wirkt provisorisch. Sie fühlt sich auch nach Jahren noch nicht angekommen. Die Unordnung bekommt sie nicht in den Griff. Warum die Ordnung nicht bleibt? Dafür hat sie viele Erklärungen.
- es fehle das richtige System
- sie habe es einfach zu Hause nicht gelernt
- sie sei abends zu müde
- sie wisse nicht, wo sie anfangen solle
Als sie mir ihre Wohnung zeigt, sehe ich, dass sie schon viel versucht hat. Aber egal was sie begonnen hat – auf halber Strecke hat sie wieder aufgegeben. Ein neues System musste her. Marion erzählt mir von ihrer Arbeit und ich habe den leisen Verdacht, dass sie eine Perfektionistin sein könnte. Perfektionist*innen lieben meist die Vorbereitung. Sie legen Listen an, machen Pläne und lesen alles, was sie in die Finger kriegen. Sie hassen es, wenn sie auf eine Lücke stoßen. Gibt es eine Frage, die sie nicht schnell und restlos beantworten können, stellen sie alles in Frage. Der kleinste Haken bringt sie dazu, ein komplettes Konzept über den Haufen zu werfen. Im Grunde könnte Marion schon selbst als Ordnungscoach arbeiten – soviel theoretisches Wissen hat sie bereits. Nur: den Schritt in die Praxis schafft sie nicht.
Ordnung bleibt nicht, wenn Sie den Haken nicht akzeptieren
Wie immer machen wir uns auf die Suche nach dem Leuchtturm. Marion braucht einen stabilen Wegweiser, damit sie unbeirrt alle notwendigen Aufgaben erledigt. Mit meinen Übungen findet sie heraus, dass sie “endlich erwachsen werden will”. Eine funktionierende Ordnung ist für sie ein Zeichen dafür. Es zeigt ihr, dass sie
- ihr Leben so gestaltet, wie sie es braucht
- genau weiß, was zu tun ist
- sicher sein kann, für ihren Einsatz einen Erfolg zu sehen

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Die Sache mit dem Perfektionismus ist damit allerdings noch nicht vom Tisch. Als erstes “verbiete” ich ihr, sich weiter Input zu holen. Vor allem empfehle ich ihr die wunderbare Influencer-Welt mal für einen Monat auf “Snooze” zu stellen. Marion braucht nicht noch mehr Input. Und sie braucht nicht noch mehr Bilder von perfekten Wohnräumen. Marion braucht jetzt erstmal ein sicheres Gefühl für sich selbst.
“Liebe den Haken, Marion!”
Jedes System hat einen Haken. Jede Papierablage hat irgendwo eine Lücke. Jede Routine hat einen Pferdefuß. Jede Ordnungsstruktur hat eine Schwachstelle. Diese kleinen Unzulänglichkeiten ausmerzen zu wollen, kann zu einer Lebensaufgabe anschwellen. Denn: sucht man nach einem neuen System, das den Haken bedenkt, wird man nur auf einen neuen Haken stoßen.
Besser ist: den Haken lieben lernen. Das geht nur auf eine Art. Sobald man dem Haken begegnet, überlegt man sich ein Lösung, die gut genug ist. Je öfter man diese zweitbeste Lösung anwendet, desto weniger hilflos steht man vor dem Haken. Marion muss merken, dass auch die zweitbeste Lösung den Erfolg bringt, den sie will. Auf diese Weise verliert der Haken seine “Hakigkeit”.
Marion und ich machen uns also auf die Suche nach den befürchteten Lücken und finden dafür die zweitbeste Lösung. Jetzt haben die Haken keine Chance mehr, eine ganze funktionierende Ordnungsstruktur zum Einsturz zu bringen. Das Systemhopping hat ein Ende. Marion kann sich auf ihre Struktur verlassen.
Stefan – der Ungeduldige
Als Stefan mir die Tür öffnet, empfängt er mich mit dem Satz, den ich fast immer höre: “Ich hab jetzt nicht aufgeräumt”. Während er mir die Wohnung zeigt, erzählt er mir von seinen regelmäßigen Hau-Ruck-Aktionen. Dann steht er mitten in der Nacht auf und räumt in einem Kraftakt seine Wohnung auf. Leider: die hastig geschafftene Ordnung bleibt nicht. Manchmal überdauert sie keine zwei Tage. Also lässt Stefan alles so wie es ist. Wurschtelt sich irgendwie durch und wartet auf den nächsten nächtlichen Rappel.
Genau wie Marion macht sich Stefan mit meinen Übungen erstmal auf die Suche nach dem Leuchtturm. Ich kann ihm ansehen, dass er das irgendwie für Quatsch hält. Aber – nachdem seine Strategie bisher nicht funktioniert hat, ist er entschlossen eine neue zu probieren.
Anders als Marion ist Stefan kein Perfektionist und deshalb auch kein Systemhopper. Er macht seit vielen Jahren immer das Gleiche und hoffte jedesmal stur, dass es diesmal sicher klappen würde. Weil Stefan ungeduldig ist, war er auf der Suche nach dem schnellen Erfolg. Nun – schnell war er wohl, aber eben auch sehr kurzlebig. “Ich versprech Dir eines: wenn Du Dich jetzt einmal gründlich mit der Basis beschäftigst, dann darfst Du für den Rest Deinen Lebens ungeduldig sein. Du wirst die Zeit dann gar nicht mehr spüren, die Du in die Ordnung investierst.”
Ordnung bleibt nicht, wenn die Basis nicht stimmt
Viele Menschen haben mir das Gleiche erzählt wie Stefan. Sie räumen auf, nur damit kurz darauf wieder das Chaos den Kopf zur Tür reinsteckt. Ich habe lange nicht verstanden wie das geht. Bis ich mir von einem Kunden mal genau haber erklären lassen, was er denn genau damit meint. Dieser Kunde – nennen wir ihn Michael – verhalf mir zu einem echten A‑ha-Erlebnis. Meine Diagnose damals “Du räumst nicht auf – Du machst Stapel. Und die sind mal da, mal da. Sobald Du was aus diesen Stapeln holst, kollabiert alles”. Er konnte das nur noch abnicken. Ab da war der Weg klar. Wie immer hieß es zuerst aussortieren. Dann ein System einrichten, wo jedes Ding einen – und genau nur einen einzigen – Platz in der Wohnung hatte. Ab da war Michaels Aufgabe, sich täglich mit kleinen Aufräumroutinen die Ordnung erhalten.
Investieren Sie Ihre Zeit schlau
Stefan musste Zeit investieren. Grundsätzlich hatte er ja auch kein Problem damit. Aber er musste sie schlau investieren. Sowohl das Aussortieren, als auch die Überlegungen zum Ordnungssystem brauchten Zeit. Wir haben lange überlegt:
- was braucht er um einen Überblick zu haben
- wie müssen die Dinge organisiert sein, damit er die täglichen Handgriffe auch macht
- wie kann er die Routinen in seinen Alltag einbauen
Anders als Marion, musste Stefan sich mehr mit den Grundlagen beschäftigen. Seine Methode des “ich bring’s schnell hinter mich” war ihm dauerhaft im Weg. “Du wirst Dich einmal richtig anstrengen müssen – danach kannst Du es locker angehen” versprach ich ihm.
Die Ordnung bleibt nicht? Es gibt Hoffnung
Stefan und Marion hatten unterschiedliche Grundprobleme mit dem gleichen Ergebnis: es war keine stabile Basis möglich. Marion hat sich sofort mit den Routinen angefreundet – Perfektionistin, die sie ist. Stefan hat sich zu Beginn zu sehr auf der Basis ausgeruht. Er hat mich noch zweimal zu sich gerufen, um gemeinsam wieder die Grundstruktur herzustellen. Als ich das letzte Mal mit ihm telefoniert habe, habe ich ihn gerade beim Wegräumen des Geschirrs unterbrochen. “So wie früher die Dinge einfach stehen lassen – es ist verrückt, aber das kann ich gar nicht mehr”. Willkommen im Club, Stefan!
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