
Warum belohnen wir uns mit einem Impulskauf?
„Ich hab dann einfach das Gefühl, ich muss mich belohnen. Und dann kaufe ich mir was.“ Dieser Satz fiel, als meine Kundin und ich vor ihrem neu geordneten Gewürzregal standen. Ich bat sie, für laaaange Zeit Abstand von Gewürzkäufen zu nehmen. Weniger kaufen – das klang in ihren Augen zwar logisch, aber gleichzeitig auch fürchterlich.
Wir hatten uns zwei Stunden durch offene, geschlossene, doppelte, abgelaufene Gewürze in Tütchen, Gläsern, Streuern, Dosen gearbeitet. Ähnlich sieht die Situation in ihrem Teeregal aus. In ihrem Nahrungergänzungsmitteldepot. Der Müsliauswahl. Ich konnte spüren, dass sie nach den zwei Stunden am liebsten wieder in das nächste Geschäft gegangen wäre, um sich zu belohnen und ich konnte sie sehr gut verstehen. Ich kenne das Gefühl auch. Es ist mir nicht fremd, dieses Bedürfnis, sich schnell und mühelos zu belohnen. Es ist ja auch so einfach mit dem Kauf einer Kleinigkeit Druck abzubauen, Ärger zu verarbeiten, Sorgen zu verdrängen. Das Wissen um die Kurzlebigkeit des Effekts hält einen nicht zurück. Es scheint fast wie ein Zwang. Einfach mal die Kontrolle abgeben – es ist zu verführerisch.
Nein, es ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, einfach mal die Kontrolle abzugeben, sich verführen zu lassen und sich zu belohnen (Sie hören schon das „Aber“, das gleich kommt). Aber was passiert, wenn es zur Gewohnheit wird, erlebe ich fast tagtäglich in meiner Arbeit.
Weniger kaufen – diese Tipps helfen garantiert nicht
Der Satz meiner Kundin hat mich lange beschäftigt, weil so viel drinsteckt. Ich habe überlegt, welche Tipps ich meinen Kunden*innen an die Hand geben kann, damit sie diese Gewohnheit durchbrechen können. Mir war sofort klar, dass Ratschläge à la „warum trinken Sie nicht eine schöne Tasse Tee zur Belohnung“ nicht hilfreich sind. Wer mal versucht hat, Chips durch Rohkost und Schokolade durch einen Spaziergang zu ersetzen, der weiß – das sind ganz armselige Alternativen. Nicht, weil sie an sich armselig sind, sondern weil sie dem akuten Bedürfnis nicht gerecht werden. Was aber ist das Bedürfnis dieser Kundin? Das rauszufinden wird Teil unser nächsten Arbeitseinheiten sein – während wir Stück für Stück ihre Wohnung befreien.

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Auch der wohlmeinende Ratschlag sich zu fragen „brauche ich das wirklich?“ ist ein zu schwacher Leitfaden. Denn den gekauften Gegenstand braucht man mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht. Was man aber braucht, ist den Akt des Kaufens. Und deshalb lautet die eigentliche Frage „Warum brauche ich das Gefühl des Kaufens gerade?“ Diese Frage wiederum ist im Moment des Impulskaufes viel zu komplex und deshalb nicht im geringsten hilfreich.
Als nächstes habe ich lange über den Gebrauch von „muss“ im Zusammenhang mit Belohnung nachgedacht. Warum sagte sie nicht „ich möchte mich belohnen“? Hinter dem „muss“ steckt genau das, was das Grundproblem ist: der Zwang. Meine Kundin fühlt sich gezwungen, sich zu belohnen. Sie sollte sich aber eigentlich dafür frei entscheiden können. Und genau dahin möchte ich meine Kunden durch unsere Zusammenarbeit bewegen – die Freiheit sich zu entscheiden und die Stärke, dem Zwang ein „Nein“ entgegenzusetzen.
Meine bewährtesten 5 Ratschläge
Die folgenden Ratschläge sollen Ihnen den Rücken stärken, Impulskäufen immer besser zu widerstehen zu können. Es ist eine reine Übungssache, die am Anfang schon einiges an Willensstärke braucht. Aber es wird leichter werden. Versprochen.
1. Wo soll es hin?
Überlegen Sie sich, wo Sie Ihren Impulskauf unterbringen werden. Stellen Sie sich Ihre Wohnung vor. Ihre Schränke. Ihre Regale. Ihre Fensterbank. Ihre Schubladen. Stopfen Sie in Gedanken den Impulskauf irgendwohin? Landet Ihr Impulskauf in Ihrer Vorstellung erstmal in irgendeinem Schrank, wo er sich zu anderen Käufen gesellt? Versetzt Sie der Gedanke in leichten Stress? Sie müssen sich diese Aufgabe, einen geeigneten Platz zu finden, nicht aufhalsen. Verlassen Sie das Geschäft und streichen Sie beim Hinausgehen diese Aufgabe von Ihrer inneren To-Do-Liste.
2. Machen Sie es sich einfach
Machen Sie sich klar: alles was sie gerade kaufen wollen, können Sie auch am nächsten Tag noch bekommen. Entziehen Sie sich dem Entscheidungsdruck, in dem Sie das Geschäft einfach wieder verlassen. Merken Sie sich gut, was Sie kaufen wollten. Denken Sie später am Tag nochmal darüber nach, warum Sie in diesem Augenblick etwas kaufen wollten. Überlegen Sie, ob Ihnen der Gegenstand wichtig genug ist, den Weg in das Geschäft nochmal auf sich zu nehmen.
3. Machen Sie es sich noch einfacher
Diesen Ratschlag gebe ich allen Kunden, bei denen der Wunsch zu kaufen übermächtig ist: Vermeiden Sie die Reize, die Ihren Kaufwunsch auslösen. Mit anderen Worten: gehen Sie erst gar nicht in ein Geschäft; meiden Sie Einkaufsstraßen; machen Sie keinen Schaufensterbummel.
4. Der Freiheitsmuskel
Stellen Sie sich vor, dass Sie Ihren Freiheitsmuskel trainieren möchten. Überlegen Sie sich, wobei Ihnen dieser Muskel in Zukunft helfen soll. Vielleicht soll er
- Sie dabei unterstützen, weiter Freude am Anblick schöner Dinge zu haben, ohne sie gleich besitzen zu wollen?
- Ihnen dabei helfen, Geld zu sparen?
- Ihre Gedanken befreien, von der ständigen Entscheidungsflut, die sie beim Kaufen erleben?
Mit jedem Impulskauf, den Sie nicht tätigen, stärken Sie diesen Muskel. Am Anfang wird das sehr anstrengend, aber wenn dieser Muskel gut trainiert ist, macht er seine Arbeit fast von alleine.
5. Online-Käufe
Für Käufe auf Online-Plattformen braucht es viel Willensstärke. Sie wollen die Vorfreude spüren und schon haben Sie “in den Warenkorb” geklickt. Online-Plattformen nutzen unseren Unwillen aus, zu warten. Ich halte das Wartenkönnen für eine sehr wichtige Kompetenz. Und damit bin ich nicht alleine.
Versuchen Sie sich einen Moment zu verschaffen, damit Sie sich kurz sammeln können.
- stehen Sie auf und waschen sich die Hände
- sagen Sie laut, wofür konkret Sie xy brauchen
- schreiben Sie in eine Liste, was Sie sparen, wenn Sie nicht kaufen
- kleben Sie sich überall, wo Sie Online-Käufe tätigen, ein Post-it auf: in den Laptop, auf das Tablet. Ändern Sie Ihr Hintergrundbild auf dem Handy in einen Spruch, der Sie an Ihren Vorsatz erinnert. Z.B. “Heut’ kauf’ ich nix.” “Heute spar ich wieder Geld”
Bei allen fünf Tipps kommt es darauf an, zu üben. Wenn Sie merken, dass Sie sich nur schwer motivieren können, kann folgender Trick helfen: stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Kind motivieren – Ihr eigenes, Ihren Neffen, Ihre Enkelin, Ihren Nachhilfeschüler. Wie würden Sie das machen? Welche Worte würden Sie wählen? Wie würden Sie es ermutigen? Sie werden sehen – Sie finden liebevolle, mutmachende Worte. Genau diese Worte sollten Sie jetzt an sich selbst richten.
Ich habe mich auf diese Weise auf einer sehr anstrengenden Wanderung motiviert. Ich war eine Woche alleine unterwegs und war nicht nur einmal am Ende meiner Kräfte. Plötzlich hatte ich diese Idee, mich selbst an der Hand zu nehmen, wie ich ein völlig ermüdetes Kind an die Hand nehmen würde. Es war ohne Frage immer noch anstrengend, aber ich war nicht mehr alleine.
Meinen Kunden biete ich übrigens immer an, mich anzurufen, bevor sie einen Impulskauf tätigen – sozusagen als letzter Anker in der Not.
Tipps zum Weiterlesen: Alltagshelfer
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